Stellungnahme

In der Samtgemeinde Lühe wird im Rahmen des Ausbaus der Grundschulen zu Ganztagsschulen darüber diskutiert, die drei Grundschulstandorte zusammenzulegen. Dazu wurde eine gemeinsame Stellungnahme der Grundschulen verfasst, die hier nachgelesen werden kann:

Die Grundschulen der Samtgemeinde Lühe

Bezugnehmend auf den Antrag „Ein Schulstandort für alle GrundschülerInnen in der Samtgemeinde Lühe“ von Frau Hahn (FDP) sowie die Diskussionsrunde am 03. Mai 2023 in der Aula der Grundschule Steinkirchen äußern wir uns wie folgt:

Wir sprechen uns für den Erhalt von drei eigenständigen Schulstandorten mit je einer Grundschule in Guderhandviertel, in Hollern-Twielenfleth und in Steinkirchen aus.

An unseren Standorten gibt es drei Schulen mit unterschiedlichen gelebten pädagogischen Konzepten und ebenso unterschiedlichen Ideen für die Entwicklung der jeweiligen Schulen. Die konzeptionelle Arbeit für das Ganztagsschulkonzept, das für die Grundschule in Hollern-Twielenfleth bereits besteht, wird nicht wertgeschätzt. Es ist ein Konzept für diese Schule – entstanden mit Akteuren aus Schule, Politik und Elternschaft dieser Schule und kann einer anderen Schule mit anderen Akteuren nicht einfach übergestülpt werden. Die Schule, die in Steinkirchen entstünde, wäre eine neu gegründete Schule, für die ein eigenes Konzept entwickelt werden müsste. Wer dieses Konzept erarbeitet, ist unklar, da noch nicht bekannt ist, welche Lehrkräfte an dieser Schule arbeiten.

Entgegen der Auffassung des Regionalen Landesamtes für Schule und Bildung (RLSB) haben sich die Kolleginnen, die an den drei Schulen arbeiten, bewusst für die Arbeit in einem kleinen, familiären System entschieden, in dem man jede Schülerin und jeden Schüler kennt. An allen drei Schulen gibt es gut kooperierende Teams. In einem großen System würde die Kollegialität leiden.

Die Versorgung der Grundschulen mit Lehrerstunden obliegt dem RLSB, das auch in der Vergangenheit dafür gesorgt hat, dass unsere Grundschulen durchgängig an der Grenze zur 100-prozentigen Unterrichts- versorgung lagen. Dies würde sich durch die Vergrößerung des Systems nicht ändern, da die Versorgung der Grundschulen Vorrang hat.

Wir widersprechen der Auffassung, dass in einem größeren System fachfremder Unterricht vermieden würde. Grundschullehrkräfte werden nur in zwei Fächern ausgebildet. Seit Jahren gibt es sog. Mangelfächer, für die keine oder nur wenige Lehrkräfte ausgebildet wurden.
Ein nachhaltiges Lernen wird durch die Beziehungen, die zwischen dem Lernenden und dem Lernbegleiter (Lehrkraft) entstehen, gefördert. Arbeitet eine Lehrkraft in vielen verschiedenen Lerngruppen, weil sie nur noch gemäß ihrer Ausbildung eingesetzt wird, erschwert dies eine solche Bindung. Unserer Erfahrung nach arbeiten die Lehrkräfte gern auch in den Fächern, in denen wir sie nach gemeinsamer Beratung einsetzen, wenn keine Fachlehrkraft vorhanden ist. Die Kolleginnen sind dann gerne bereit, sich für dieses Fach fortzubilden.

In unseren Grundschulen fördern wir den fachlichen Austausch durch regelmäßige Dienstversammlungen, in denen pädagogische und soziale Themen in kollegialen Fallbesprechungen erörtert werden, die dann vom gesamten Kollegium getragen werden. In einem vierzügigen System wird dieser Austausch erschwert.
Der fächerbezogene Austausch findet in Fachgruppenarbeiten und in den Fachkonferenzen statt.

Auf Schulleitungsebene arbeiten wir in allen wichtigen Fragen (z. B. Einschulung, Übergang, fachliche Arbeit) vertrauensvoll und wertschätzend zusammen.

Durch die Zusammenlegung der Schulen entstünden große Klassen (voraussichtlich mind. 25 Schülerinnen und Schüler). Da sich der Betreuungsschlüssel pro Kind verschlechtern würde, würde das einzelne Kind nicht mehr so gut gesehen wie bisher. Eine passgenaue individuelle Förderung würde erschwert, die Chancengleichheit für die Kinder sinkt.

Bei der Betrachtung der künftigen Schülerzahlen muss beachtet werden, dass Schülerinnen und Schüler mit einem festgestellten sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf in den Förderbereichen Lernen und Geistige Entwicklung doppelt zählen. Außerdem verschieben sich Einschulungen von Kindern, wenn Eltern die sog. „Flexi-Regelung“ in Anspruch nehmen und ihr Kind erst im folgenden Jahr einschulen. Im Durchschnitt werden pro Jahr in jeder unserer drei Grundschulen sieben Kinder vom Schulbesuch zurückgestellt, die ebenso wie die „Flexi-Kinder“ für das Folgejahr berücksichtigt werden müssen. Ggf. kann es zu einer durchgängigen Fünfzügigkeit kommen, die das RLSB ablehnt.

Wir stellen fest, dass es in unseren Schulen immer mehr Kinder gibt, die unsere besondere Aufmerksamkeit fordern und besonders gefördert werden müssen. Im Rahmen der inklusiven Schule werden jeder Klasse zwei Stunden sonderpädagogischer Grundversorgung zugesprochen. In einer vierzügigen Schule verringert sich diese wertvolle Unterstützung um 16 Stunden – zulasten der Kinder. Die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte hingegen steigt, die Lehrergesundheit wird gefährdet. Außerdem steigt in einer vierzügigen Schule die Anonymität aller Beteiligten, das Engagement von Eltern und Lehrkräften könnte sinken.

An den einzelnen Schulstandorten gibt es einen massiven Eingriff in gewachsene und gelebte Dorfstrukturen. Die Schule als zentraler Ort der Begegnung – und damit über kurz oder lang vermutlich auch die angebundenen Sporthallen – verschwindet. Am Standort Steinkirchen gibt es eine große Zweifelder-Sporthalle, die auch von der Oberschule genutzt wird. Neben dem Schulsport bietet die Oberschule auch Wahlpflichtkurse im sportlichen Bereich an. Für den Schulsport auf dem Schulgelände des Schulzentrums nutzt die Grundschule jetzt überwiegend die alte Turnhalle. Für eine Klasse mit über 20 Kindern stellt der Sportunterricht dort vom Platzangebot her schon jetzt eine Herausforderung dar. Die Unterrichtszeiten von Grund- und Oberschule sind derzeit verschieden, eine Belegung der Hallen gestaltet sich schwierig.

Ein künftiges Schulkonzept darf nicht an den vorhandenen Unterrichtszeiten der Oberschule festgemacht werden müssen, um den Sportunterricht der Schulen, den Wahlpflichtbereich der Oberschule und die zusätzlichen Angebote im Ganztag der Grundschule koordinieren zu können, nur weil es rechnerisch möglich sein könnte, die vorhandenen Sportstätten zu nutzen.

Wir halten es für unverantwortlich, den Kindertagesstätten den Zugang zur kleinen Sporthalle zu verwehren, da die Bewegungsförderung auch schon im Kindergartenalter essenziell ist und wir von den vielfältigen Bewegungserfahrungen, die die Kinder dann schon in die Schule mitbringen, profitieren. Insgesamt würde die gute Zusammenarbeit mit den Kindertagesstätten erschwert, da einige Einrichtungen nicht mehr direkt vor Ort erreichbar sind.

Betrachten wir Bildung als unser höchstes Gut? Ja, und wir haben gute Schulen vor Ort! Die realen Kosten für den Neubau von einer, zwei oder drei Schulen dürfen nicht hauptausschlaggebend dafür sein, dass unsere Kinder zukünftig den Preis für eine – in unseren Augen schlechtere – Bildung in einem großen System bezahlen.

Wir fordern die Verwaltung auf, sich vor einer Entscheidung für die eine oder andere Variante genauestens darüber zu informieren, welche zusätzlichen Fördergelder für den (nachhaltigen) Schulbau generiert werden können und die Kostenschätzung dann auf eine solide Grundlage zu stellen, um so sicher ausloten zu können, welche alternativen Umsetzungsmöglichkeiten bestehen.

Im Namen der Kinder, der Eltern und der Kolleginnen und Kollegen der eigenverantwortlichen Grundschulen in Guderhandviertel, Hollern-Twielenfleth und Steinkirchen plädieren wir für den Erhalt unserer Schulen an ihren jetzigen Standorten.

Tina Reiß Katharina Fauth Jutta Neumann

Appelsnut Grundschool GS Guderhandviertel GS Steinkirchen Hollern-Twielenfleth